Was ist die IoPT?

Da die IoPT bis jetzt noch nicht so verbreitet ist (wie z.b. das Familienstellen), kommt als erstes meistens die Frage „Was ist das eigentlich für eine Methode?“
Um mehr Klarheit da rein zu bringen, gehe ich hier explizit auf diese Frage ein.
IoPT ist die Abkürzung von „Identitätsorientierte Psychotraumatherapie“. Es ist eine traumatherapeutische Methode die entwickelt wurde, und stets weiterentwickelt wird, von Prof. Franz Ruppert, einem bekannten Traumatologen, Psychotherapeuten und Psychologieprofessor an der Katholischen Stiftungshochschule in München.

Entstanden ist die IoPT aus dem Systemischen Familienstellen nach Hellinger. Sie hat sich allerdings in 10-15 Jahren der Weiterentwicklung zu einer eigenständigen Methode entwickelt.

Um die Arbeitsweise mit der IoPT zu verstehen ist es wichtig, einige ihrer Schlüsselbegriffe zu beleuchten.
Daher, zuerst ein bisschen Theorie:

1) Identität

„Die Identität eines Menschen ist die Summe seiner bewussten wie unbewussten Lebenserfahrungen.“ Und das, was er daraus gemacht hat.

Von zentraler Bedeutung ist hier die Unterscheidung von Identität und Identifizierung.
Man kann sich mit äußeren Dingen wie dem eigenen Kind, dem Partner, der Gesellschaft, dem Staat, materiellem Besitz, der Arbeit und verschieden Rollen und (Werte-)Vorstellungen identifizieren. Dies ist aber niemals Teil der Identität. Unter Identität versteht man in der IoPT etwas viel Grundlegenderes. Zur eigenen Identität zurückzufinden, ist ein nach Hause kommen zu sich selbst.

Je traumatisierter die eigene Identität ist, desto anfälliger wird sie außerdem für Identifizierungen. Es braucht dann gewissermaßen einen „Ersatz“ für das eigene Ich. Wenn ich mich selbst schon nicht spüre, dann brauche ich etwas zur Identifikation. Erstens ist es unglaublich schmerzhaft diese Leere zu fühlen. Und zweitens möchte ich ja Teil der Gemeinschaft sein. Ich will dazugehören. Das ist ein ganz tiefes, grundlegendes Bedürfnis von uns Menschen, und hat als Baby und Kleinkind existentiellen Charakter.

2) Psyche

Die menschliche Psyche ist ein eigenständiges System im lebendigen menschlichen Organismus, das in ständiger Wechselwirkung mit den anderen Systemen des Körpers (Nervensystem, Immunsystem, Hormonelles System, usw.) steht. Sie formt gemeinsam mit den anderen Systemen den lebendigen menschlichen Organismus.

Die Psyche ist ein System zur Verarbeitung, Speicherung und der Abgabe von Informationen um die konkreten Lebensrealitäten adäquat wiederzugeben, und die Handlungen des Organismus zu steuern.

Die menschliche Psyche wird als ein mit dem Körper verbundenes System angesehen, das mit dem Körper zusammen ein System aus Materie, Energie und Information bildet. Es gibt weder eine Psyche an sich, noch einen Körper an sich. Die beiden sind eng miteinander verflochten, und beeinflussen sich immer wechselseitig.

3) Trauma

Ein Psychotrauma ist eine Realität, die unsere Psyche nicht ertragen kann. Z.B. „meine Mama will mich nicht“ (obwohl ich sie doch so unendlich liebe, und auf sie angewiesen bin). Um zu Überleben spaltet unsere Psyche die unerträgliche Erfahrung ab. An deren Stelle treten dann Überlebensanteile, die fortwährend damit beschäftigt sind uns daran zu hindern die traumatische Realität zu erkennen, und den Schmerz über das urspüngliche Trauma zu fühlen. Das hat einerseits eine verzerrte Sicht der Realität zur Folge. („ich hatte eine schöne Kindheit“) Und andererseits eine schier unendliche Liste an Symptomen, die infolge der Spannung zwischen ursprünglichem Trauma und Überlebensanteilen entstehen können.
Die gute Nachricht ist: davon abgesehen gibt es weiter gesunde Anteile in unserer Psyche, die die Realität adäquat abbilden können. Sonst wären wir gar nicht mehr lebensfähig. Außerdem lassen sich Traumata effektiv mit der IoPT ins Gesamt der menschlichen Psyche re-integrieren.

Ein Hauptziel der IoPT ist daher die Entwicklung einer gesunden Identität und eines gesunden Willens, die sich beide auf Grund von frühen Bindungstraumata nur unzureichend entwickeln konnten. Die Antwort auf die Frage „wer bin ich, und was will ich?“, kann zunehmend klar beantwortet werden. Traumatisierte Anteile können gesehen und gefühlt werden, wodurch die Überlebensanteile an Macht verlieren, und sich der Bereich gesunder Anteile vergrößert. Die Psyche findet langsam zum Zustand ihrer ursprünglichen Ganzheit zurück, und kann die objektive Realität wieder zunehmend widerspruchslos in ihrer subjektiven Erfahrung abbilden.
In der Praxis bedeutet das ganz konkret Schritte in Richtung von mehr Klarheit (wer bin ich und was will ich?), mehr Lebensenergie, einem freieren Ausdruck der eigenen Kreativität und Lebensfreude, vertrauensvollen und nährenden Beziehungen, und von sicheren Bindungen ohne Liebesillusionen.

Hört sich traumhaft an, oder?
Ist es auch. Nur eben auch viel Arbeit, und es braucht den Willen und die Neugierde sich mit sich selbst und den eigenen Wunden auseinanderzusetzen, und nicht mehr vor der eigenen inneren Hölle wegzurennen.
Ich kann nur sagen: es lohnt sich!